Wenn du für mich bist

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783963620058
Sprache: Deutsch
Umfang: 329 S.
Format (T/L/B): 2.9 x 20.5 x 13.5 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

New York & Illinois, 1857: Elise Neumann, Tochter einer Hamburger Bäckersfamilie, steht vor großen Herausforderungen. Nach dem Tod ihrer Eltern, die mit ihnen in die USA immigriert sind, muss sie sich um ihre jüngeren Schwestern kümmern. Doch New York wird von einer Finanzkrise erschüttert und Arbeitsplätze sind rar. Schließlich bleibt Elise keine andere Wahl, als Näherin zu werden und in den Westen zu gehen. Dort trifft sie den sympatischen Städteplaner Thornten ...

Autorenportrait

Jody Hedlund lebt mit ihrem Mann, den sie als ihren größten Fan bezeichnet, in Michigan. Ihre 5 Kinder werden zu Hause unterrichtet. Die Zeit, die ihr neben dieser Tätigkeit noch bleibt, widmet sie dem Schreiben.

Leseprobe

Kapitel 1 New York City Juni 1857 Elise Neumann schaute durch die zersprungene Fensterscheibe im zweiten Stock auf die schlammige Straße hinab und beobachtete, wie sich die Omnibusse und Kutschen durch den Morast quälten. Fußgänger wichen den schmutzigen Pfützen aus und brachten sich eilig in Sicherheit. Ein einsamer Zeitungsjunge stand an der Straßenecke und versuchte, seine Zeitungen zu verkaufen. Seine Wangen und Hände waren von der Druckerschwärze ganz dunkel. Selbst zu dieser frühen Morgenstunde herrschte in der Stadt ein reges Treiben. Noch gestern waren diese gefährlichen, schmutzigen Straßen ihr Zuhause gewesen. Hinter sich hörte sie Mariannes leises Flüstern. "Wie lang bist du schon wach?" Elise drehte sich um. "Noch nicht sehr lange." Das Gesicht ihrer Schwester glänzte immer noch davon, dass sie es gestern sauber geschrubbt hatte, nachdem sie in der Missionsstation in der Siebten Straße angekommen waren. Das Trauma aus den Tagen als obdachlose Waisen würde sich jedoch nicht so leicht wegwaschen lassen. Sie kniff sich in die Wange, um sich davon zu überzeugen, dass sie nicht träumte, obwohl das Knurren ihres Magens deutlich verriet, dass sie hellwach war. "Ich gehe heute arbeiten", teilte sie Marianne leise mit und warf einen kurzen Blick auf die drei Kinder, die hinter ihr auf den Pritschen schliefen. Sie wollte sie noch nicht wecken. Sie hoffte, sie würden den ganzen Tag schlafen und sich erholen. Marianne strich ihre gewellten braunen Haare zurück, die immer noch dringend gewaschen werden mussten. "Miss Pendleton hat gesagt, dass wir heute noch nicht zu arbeiten anfangen müssen und uns ein paar Tage ausruhen können." "Wir brauchen das Geld." Sie hatten keinen Cent. Sie besaßen nichts als einen kleinen Beutel mit Kleidung und anderen Habseligkeiten, die sie daran erinnerten, dass sie früher einmal Eltern und ein Zuhause gehabt hatten. Mit jedem Tag, der verging, wurde es schwerer, sich an die Zeit zu erinnern, als sie in Hamburg ein glückliches und behütetes Leben geführt hatten, eine Zeit, als Vater und Mutti noch lebten, Vater seine gut gehende Bäckerei betrieb und sie besaßen, was sie brauchten, und noch mehr. Als ein leises Rascheln ertönte, erschauerte Marianne und legte die dünnen Arme über ihre Brust. Elise hatte gestern Nacht tief und fest geschlafen - das erste Mal, seit Mutti vor über sechs Wochen gestorben war - und deshalb die Ratten in den Wänden und die Kakerlaken an der Decke nicht gehört. Aber in der Stille des frühen Morgens war die Kakofonie aus dem Krabbeln und Rascheln viel zu laut zu hören. Miss Pendleton, die Eigentümerin der neu eröffneten Missions- station in der Siebten Straße, hatte ihnen erklärt, dass sie noch lange nicht fertig waren, das große Gebäude zu renovieren und zu reinigen, das früher eine Brauerei gewesen war. Als die Brauerei vor einigen Jahren schließen musste, hatten sich Banden und Vandalen in dem unbenutzten Gebäude breitgemacht und eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Einschusslöcher überzogen eine Wand, während sich über die andere ein großer Riss zog, der notdürftig gekittet worden war. Die Decke war mit schwarzem Ruß überzogen, ein Beweis dafür, dass jemand hier drinnen ein Kohlefeuer angezündet hatte, um die Kälte zu vertreiben. Der Boden war gefegt, aber er war trotzdem schmutzig. Dieses Zimmer war natürlich besser, als auf der Straße zu leben, machte sich Elise bewusst. Viel besser. Noch wichtiger war, dass Miss Pendleton ihr und Marianne einen der begehrten Arbeitsplätze in ihrer Näherei versprochen hatte. Elise hatte vor, sich gleich am Morgen auf dieses Versprechen zu berufen. Sie brauchte dringend eine Arbeit. Sie hatte Mutti auf dem Sterbebett versprochen, dass sie sich gut um ihre Geschwister kümmern würde, aber das hatte sie bis jetzt nicht geschafft. Außerdem wollte sie Miss Pendletons Großzügigkeit nicht ausnutzen. Miss Pendleton hatte sie gestern schon mit mehreren Mahlzeiten versorgt. Sie hatte ihnen trockene Decken und Pritschen ge