Gesang der weißen Wände

Roman, Gelesen von Kornelia Boje, CD

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783962580674
Sprache: Deutsch
Umfang: 240 Min.

Beschreibung

Die "Unvollendete", so Esthers Selbstbeschreibung: Ein Geburtsschaden an der Wirbelsäule. 124 Tage Existenz im Liegegips, Gipskorsett danach, eine misslungene Knochentransplantation. Schmerzen, Hoffnung, Enttäuschungen: "Sie hatte keine Vorstellung von Glück, nur von Bewegung". Die junge Frau weiß, dass nur sie allein ihre Lebenslast tragen und meistern kann. Sie wird dennoch eine erfolgreiche Journalistin, sie will leben wie andere Menschen, sie kämpft um einen aufrechten Gang trotz ihrer "unvollendeten" Wirbelsäule. Aber das Leben ist nicht so. Es ist ganz anders - für ihre Mutter, ihren Kinderfreund und späteren Mann Sebastian - ein Musiker, der nach einem Autounfall verletzt seine Karriere als Solist aufgibt: Er kann die Welt nicht mehr lieben, nicht die Musik und auch nicht sich selbst. "Die Mühsal des aufrechten Ganges" - und wie viel Kraft es kostet, sich Verletzungen entgegenzustellen, Traumata anzunehmen, Projektionen seelischer Schmerzen auszuschließen: durch das allmähliche Verstehen, das alles so ist wie es ist.

Autorenportrait

Kornelia Boje, geboren in Berlin, aufgewachsen in Hamburg - Schau- spielerin, Roman-, Feature- und Hörspiel-Autorin, Synchronschauspielerin und Fotografin. Theaterengagements: Kiel, Darmstadt, Zürich, Hamburg, Frankfurt a. M., Stuttgart. Rundfunkarbeit seit 1950, TV- und Filmrollen seit 1961. Hörbücher bei verschiedenen Hörbuchverlagen. Ihr Debütroman Ullas Erwachen erschien 2005. Fotoausstellungen in München, Frankfurt, Köln und Berlin.

Leseprobe

. Die Großmutter, ertrug die ,Schande', die auf den Namen Esther hörte, mit stiller Freude. Sie war es, die ihre Tochter ermutigt hatte, das Kind zu bekommen. Das Kind bekam also ein Kind. "Mama, die anderen Kinder haben alle zu Hause einen Papa. Und wo ist meiner?" "Dein Vater?" Die Stimme der Mutter wurde leicht wacklig, etwas metallisch, wie eingetrocknete Tränen, die sich nicht hinunterschlucken lassen. "Dein Vater?" Die Mutter drehte sich suchend nach der Großmutter. Die ging aus dem Zimmer, still, lautlos fast, schloss sanft die Tür. "Tot. Der ist tot." Olga wollte nicht über ihn sprechen. Wollte vergessen, dass er zur Zeugung der Tochter nötig gewesen war. Ein Traumgespinst, er und die Esther-Zeugung. Esther hat sich die Frage nach einem Wesen, das andere Kinder Papa nannten, mühsam abgewöhnt, zu unwirklich reagierte die Mutter, erfand die Geschichte des Vaters jedes Mal neu. Und sie gewöhnte sich an das vaterlose Sein. Vater tot.