Warntext
ACHTUNG! Nicht geeignet für Kinder unter 36 Monaten. Erstickungsgefahr durch verschluckbare Kleinteile.
Beschreibung
Der Kunstlehrer denkt, Carson sei einer der Intelligenteren im Knast, bei der Psychologin weckt er mütterliche Gefühle, der Bewährungshelfer interessiert sich vor allem für die schmuddeligen Details seiner Erzählungen. Immer wieder landet Carson im Bau, wegen Drogengeschichten oder weil er nicht ganz legal an ein Auto gekommen ist. Der Roman folgt dem jungen Noongar Aboriginal auf seinen Wegen im Gefängnis, nach draußen und zurück in die Zelle - ein Kreislauf der Gewalt, aus dem es kein Entkommen zu geben scheint. Carsons Geschichte wird dabei nicht von ihm selbst, sondern aus den wechselnden Perspektiven der (zumeist weißen) Menschen erzählt, die ihn umgeben. Ihr Blick, sei er wohlwollend oder gleichgültig, begehrlich oder herablassend, zeichnet Carson als komplexen Charakter, der einem nahekommt und zugleich auf Distanz bleibt - und der längst zum Spielball eines Systems geworden ist, das ihm keine echte Handlungsmacht zugesteht. Erschütternd, aber mit düsterem Witz spiegelt 'Bird' im Mikrokosmos des Gefängnissystems die Realität der noch immer zutiefst segregierten, rassistischen Gesellschaft Australiens, in der Freiheit nicht für alle vorgesehen ist.
Autorenportrait
Adam Morris ist Autor, Musiker, preisgekrönter Filmemacher, Sonderpädagoge und Universitätsdozent und lebt in Westaustralien. Er war als Kunst-, Tanz- und Musiklehrer in westaustralischen Gefängnissen tätig und ist als Singer/Songwriter durch Australien, Asien und Nordamerika getourt. Bird wurde für den Miles Franklin Award, den ALS Gold Medal Award und den Prime Minister's Literary Award nominiert. Adam Morris lebt in Westaustralien.
Leseprobe
'Ich hab heute Abend was, wenn du mitkommen willst', sagte Chappie und lehnte sich auf dem Sofa zuruck. 'Was denn?' 'Kein Stress, Mann. Ich muss ein paar Jungs auf Linie bringen, die sind ein bisschen aus der Reihe getanzt. Wenn du lieber den Ball erst mal flach halten und ein paar Tage hier pennen willst, kein Stress. Ich kann auch Glen mitnehmen. Sind aber ein paar Hundert drin, deshalb biete ichs dir an. Du musst nicht, nur wenn du willst.' 'Ein paar Hundert?', fragte Cars interessiert. 'Könnten funf fur dich rausspringen, kommt drauf an, wie viel die haben.' 'Funfhundert könnte ich gut gebrauchen, Chappie. Na klar, wie viele sind es?' 'Funf oder sechs Jungs, aber das sind reiche Typen, die zu Hause abhängen. Wir mussen nur rein, Krawall schlagen, wieder raus. Ich glaube nicht, dass die uns uberhaupt Ärger machen werden. Und wenn, durfte das eigentlich kein Drama werden.' Chappie hoffte, dass Carson mitkommen wurde, er sah aus, als hätte er ein paar harte Tage hinter sich. Wäre schön, ihm mit ein bisschen Kohle auszuhelfen. 'Werden die nicht die Bullen rufen?', wollte Carson wissen. 'Bestimmt nicht.' 'Nein?' 'Nee, die haben in den letzten beiden Monaten Pillen fur mich vertickt, die rufen bestimmt nicht die Bullen.' 'Ich wurde meiner Mum nämlich echt gerne eine neue Mikrowelle kaufen.'