Beschreibung
Im Zentrum von Herbert B. Schmidts Lebenswerk steht die Privatisierung der Wirtschaft im Baltikum. Sie hat vielen von der Sowjetunion unter Kuratel gehaltenen Nationen bei ihrem Transformationsprozess langwierige und kräftezehrende Umwege erspart. So wurde das Fundament für ihren Aufstieg gelegt. Hier fügte er zu einem stimmigen Konzept zusammen, was er bei der Privatisierung der DDR-Wirtschaft erfolgreich begonnen hatte. In 'Wege der Sozialen Marktwirtschaft' widmen sich die Beiträge der Frage, welchen politischen Weg die Soziale Marktwirtschaft genommen hat, wie sie umgesetzt wurde und welche Akteure geholfen haben, sie auf dem richtigen Pfad zu halten. Herbert B. Schmidt ist aber nicht bloß ein Mann der marktwirtschaftlichen Tat, sondern auch der Freundschaft. Sein Leben und die damit verbundenen Tätigkeiten in aller Welt haben ihn mit Menschen zusammengebracht, die auch nach ihrer Zusammenarbeit mit ihm befreundet blieben. Die unter 'Memorabilia' und 'Begegnungen' versammelten Beiträge lassen uns an seinem Leben und Wirken und an dem von Ruth Schmidt-Niemack, seiner Frau, teilhaben. Sie war der Mittelpunkt seines Lebens.
Autorenportrait
Joachim Starbatty ist Professor (em.) für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen. Er war Abgeordneter im Europäischen Parlament (2014 bis 2019). Als Schüler von Alfred Müller-Armack, Hochschullehrer und Staatssekretär Ludwig Erhards für Europäische Fragen (1956 bis 1962), ist er mit Beginn und Fortgang der Sozialen Marktwirtschaft und der Europäischen Integration eng vertraut. Er kennt Herbert B. Schmidt aus dessen Zeit als Geschäftsführer des Wirtschaftsrats der CDU. Beide schätzen Ludwig Erhards wissenschaftlich gestärkten Wagemut, auch dann für die Freiheit des Marktes einzutreten, wenn andere ängstlich davon abraten.
Leseprobe
Vorwort Joachim Starbatty Die Festschrift für Herbert B. Schmidt zum 90. Geburtstag (23. April 1931) ist etwas Besonderes. Aber Herbert B. Schmidt ist auch etwas Besonderes. In einem Alter, in dem sich andere nach getaner Arbeit zur Ruhe setzen, hat er sein eigentliches Lebenswerk begonnen: die Privatisierung der Wirtschaft im Baltikum. Er war überall da, wo er gebraucht wurde, oder glaubte, gebraucht zu werden. Sein Wirken hat vielen von der Sowjetunion unter Kuratel gehaltenen Nationen bei ihrem Transformationsprozess langwierige und kräftezehrende Umwege erspart. Er hat für sie das Fundament gelegt, das ihren Aufstieg ermöglichte und zu bescheidenem Wohlstand kommen ließ. Dabei war Ludwig Erhard sein Leitstern. Die Abschaffung der Warenbewirtschaftung und der dazugehörigen Lebensmittelkarten im Zuge der Währungsreform haben den Weg für den Wiederaufbau Deutschlands frei gemacht. Erhard sagt selbst von sich, dass sein an Sturheit grenzendes Festhalten an marktwirtschaftlichen Prinzipien für ihn typisch sei. Dagegen musste sich Herbert B. Schmidt im Zuge der verschiedenen Privatisierungsverfahren erst den Weg frei kämpfen, damit die Menschen die Früchte der Marktwirtschaft ernten konnten. Herbert B. Schmidt ist aber nicht bloß ein Mann der marktwirtschaftlichen Tat, sondern auch der Freundschaft. Die unter 'Memorabilia' und 'Begegnungen' versammelten Texte legen davon ein beredtes Zeugnis ab. Sein Leben und die damit verbundenen Tätigkeiten in aller Welt haben ihn mit Menschen zusammengebracht, die auch nach beruflicher Zusammenarbeit mit ihm befreundet blieben. Einer davon ist Alan Forrest, mit dem er das Europakolleg Brügge besucht hatte (als erste Absolventen). Sein Tod hat verhindert, dass er einen Beitrag für die Festschrift hat schreiben können. Stattdessen wurde seine Rede zum 50. Geburtstag seines Freundes abgedruckt. Die zentrale Rolle in Herbert B. Schmidts Leben spielte seine Frau Ruth Schmidt-Niemack. Daher zeichnen einige Beiträge ein liebevolles Porträt von ihr: Schwarm der Studenten, charmante Gastgeberin und umsichtige Bürgermeisterin in und für die Bundeshauptstadt Bonn, für die sie in der großen Welt warb. Dabei hatte sie auch immer ein Auge für die Sorgen der kleinen Leute, über die die große Politik oft hinweggeht. Die persönlichen Beiträge lassen uns am Leben und Wirken von Ruth Schmidt-Niemack und Herbert B. Schmidt teilhaben und formen so das Bild der Freunde Ruth und Herbert. Im Abschnitt 'Wege der Sozialen Marktwirtschaft' widmen sich die Beiträge der Frage, welchen politischen Weg die Soziale Marktwirtschaft genommen hat, wie sie umgesetzt wurde und welche Akteure sie dabei begleitet und auch geholfen haben, sie auf dem richtigen Pfad zu halten. Hier wird ein Licht auf diejenigen geworfen, die hinter der Bühne für deren Erfolg gearbeitet haben. Dass Ludwig Erhard in den 50er-Jahren dafür geworben hat, Staatsbetriebe zu privatisieren, als alle Welt Staatsinterventionen das Wort redete, Frankreich seine Planification polierte und Labour-Regierungen in Großbritannien die Industrie verstaatlichten, war für Herbert B. Schmidt ein Schlüsselerlebnis. Unmittelbar vor und nach der Wiedervereinigung ('DDR-Übergangszeit') war Herbert ungefragt und ungebeten in die frühere DDR gegangen, nicht als Wessi, sondern als Patriot. Er hat angepackt, angetrieben und mitgerissen, als andere sich noch in den Betten räkelten und sich frugen, was zu tun sei. Er hatte nur eines im Sinn: Die Wiedervereinigung musste wirtschaftlich ein Erfolg werden. Erst beargwöhnt, was dieser umtriebige Schmidt eigentlich vorhabe, wirkte sein Tun selbst schließlich ansteckend. Das, was Schmidt bei seinen unterschiedlichen Herausforderungen und Tätigkeiten für die deutsche Treuhand erfolgreich begonnen und umgesetzt hatte, konnte er im Baltikum vollenden und zu einem erfolgreichen Ende führen. Alles das, was er auf seinen unterschiedlichen Stationen erlebt, ausprobiert und realisiert hatte, fügte er zu einem stimmigen Konzept zusammen. Dabei kam ihm auch sein Naturell zu Hilfe. Hierarchische Stufen oder Hindernisse kümmerten ihn nicht, er umschiffte oder übersprang sie einfach. Die Beiträge im Abschnitt 'Privatisierung in und für Europa' zeigen das politische Innen- und Eigenleben der Privatisierungsprozesse im Baltikum und teilweise auch auf dem Balkan. Sie wurden von Leuten geschrieben, die dabei waren, sich von Schmidts sprühender Tatkraft anstecken ließen und ihm teilweise auch den Weg geebnet haben. So ist die Festschrift auch ein Dokument dafür, wie Freiheit, Menschlichkeit sowie sozialer und wirtschaftlicher Erfolg fruchtbar zusammenwirken. Diese Festschrift ist ein Dokument der Zeitgeschichte. Sie ist einem Manne gewidmet, der zur rechten Zeit, am rechten Ort, das Rechte getan hat. Tübingen, Ende Januar 2021