Beschreibung
Der vorliegende Band dokumentiert die Beiträge der 25. Erfurter Tage unter folgenden Schwerpunkten: · Telemedizin - Chancen für die arbeitsmedizinische Betreuung? · Gendermedizin in der betriebsärztlichen Praxis - brauchen wir das? · HNO und Lungenerkrankungen Konsequenzen für die arbeitsmedizinische Beratung · Hauterkrankungen im beruflichen Kontext · Angewandte Präventionsforschung zu Erkrankungen des Bewegungssystems
Leseprobe
Zur Eröffnung der 25. Erfurter Tage Stephan Letzel Sehr geehrte Damen und Herren, es freut mich sehr, Sie im Namen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) bei den 25. Erfurter Tagen begrüßen zu dürfen. Sehr gerne überbringe ich Ihnen die Grüße des Vorstandes der DGAUM und insbesondere auch von unserem Präsidenten, Herrn Prof. Dr. Hans Drexler. '25 Jahre Erfurter Tage' ist etwas ganz Besonderes! Die Arbeitsmedizin darf sich bei der BGN für ihr großes und langjähriges Engagement im Bereich der arbeitsmedizinischen Fortbildung ganz herzlich bedanken. Unser großer Dank gilt der BGN auch für die Förderung der arbeitsmedizinischen Forschung und ihre tatkräftige Unterstützung bei der erfolgreichen Wiederbesetzung des arbeitsmedizinischen Lehrstuhls an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Die moderne Medizin hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten große Erfolge erzielt und sie hat eine bedeutende Anzahl neuer Möglichkeiten u.a. in der Prävention und Früherkennung vieler Erkrankungen eröffnet. Mit dem medizinischen Fortschritt ist gleichzeitig eine Fülle von neuen Erkenntnissen und Informationen über uns hereingebrochen. Man geht davon aus, dass sich derzeit das medizinische Basiswissen etwa alle fünf bis zehn Jahre erneuert. In der Arbeitsmedizin sind bei der Entwicklung und Einführung neuer Technologien und Arbeitsformen zusätzliche wissenschaftliche Erkenntnisse dringend erforderlich, die auf ihre Validität überprüft und dann in die ärztliche Praxis überführt werden müssen. Im Bereich des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz, der sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern aber auch den Betriebsärzten spezielle Pflichten und Verantwortungen auferlegt, müssen die neuen Erkenntnisse auch in die entsprechenden gesetzlichen Regelwerke und Vorschriften integriert werden. Bei der Weiterentwicklung der Arbeitsmedizin ist die kontinuierliche Fortbildung von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten ein wesentlicher Bestandteil der ärztlichen Qualitätssicherung. Die BGN hat dies erkannt und bietet nun schon seit 25 Jahren mit den Erfurter Tagen regelmäßig ein arbeitsmedizinisches Fortbildungsprogramm auf höchstem Niveau an. Hierfür nochmals ganz herzlichen Dank! Wenn wir auf die letzten 25 Jahre zurückblicken, hat sich im Bereich des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz und in der Arbeitsmedizin viel getan. Seit 1993 hat es u.a. fünf Novellierungen der Berufskrankheitenverordnung gegeben, 13 neue Berufskrankheiten wurden in die Berufskrankheitenliste aufgenommen bzw. bereits bestehende Berufskrankheiten erweitert. Beispielshaft seien folgende neuen Berufskrankheiten genannt: · BKNr. 1321: Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 80 Benzo(a)pyrenJahren [(gm3) x Jahre] · BKNr. 2112: Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbarer Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht · BKNr. 2113: Druckschädigung des Nervus medianus im Carpaltunnel (CarpaltunnelSyndrom) durch repetitive manuelle Tätigkeiten mit Beugung und Streckung der Handgelenke, durch erhöhten Kraftaufwand der Hände oder durch HandArmSchwingungen · BKNr. 2114: Gefäßschädigung der Hand durch stoßartige Krafteinwirkung (HypothenarHammerSyndrom und ThenarHammerSyndrom) · BKNr. 4104: Ergänzung durch den Eierstockkrebs in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura oder bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]} · BKNr. 4113: Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens 100 Benzo[a]pyrenJahren [(g/m3) x Jahre] · BKNr. 5103: Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UVStrahlung Mit den BKNrn. 2113 (Carpaltunnelsyndrom) und 5103 (Plattenepithelkarzinome der Haut) wurden in den letzten Jahren u.a. auch zwei Berufskrankheiten in die Berufskrankheitenliste aufgenommen, bei denen hohe Anzeige und Anerkennungszahlen zu erwarten sind. Nicht nur die Berufskrankheitenverordnung wurde in den letzten 25 Jahren mehrmals den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst, auch weitere wichtige Gesetze und Verordnungen, die den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz wesentlich beeinflusst haben, sind verabschiedet worden, u.a. 1996 das Arbeitsschutzgesetz und 1999 die Biostoffverordnung. Im Jahr 2006 wurde die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) im SGB VII verankert. Im Jahr 2008 kam es durch das in Kraft treten der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und die im Jahr 2013 erfolgte Novellierung der ArbMedVV zu wesentlichen Änderungen im Bereich der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Nach langjährigen und z.T sehr kontroversen Diskussion konnte im Jahr 2015 endlich das längst überfällige Präventionsgesetz verabschiedet werden. Das Präventionsgesetz ermöglicht den gesetzlichen Krankenkassen gemäß § 20g SGB V Modellvorhaben - u.a. zur Verbesserung der betrieblichen Gesundheitsförderung - zu finanzieren. Der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin ist es gelungen, zusammen mit der gesetzlichen Krankenkasse BARMER das Modellvorhaben 'Gesund arbeiten in Thüringen' zu initiieren. Ziel des Modellvorhabens, das über fünf Jahre angelegt ist, ist u.a. das Betriebliche Gesundheitsmanagement und die Betriebliche Gesundheitsförderung in kleinen und mittelständischen Unternehmen in Thüringen zu optimieren und dann zu überprüfen, wie die hierbei gewonnen Erkenntnisse auch in anderen Regionen Deutschlands umgesetzt werden können. Das Modellvorhaben ist mit einer Sachstandserhebung bei Unternehmen, Fachkräften für Arbeitssicherheit, Betriebsärzten und kurativ tätigen Ärzten in Thüringen gestartet. Hierbei ergab sich, dass sich ca. 50% der Unternehmen insgesamt gut oder sehr gut über den betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutz informiert fühlen. Mehr Informationen wurden von den Unternehmen u.a. zu den Themen arbeitsmedizinische Vorsorge, psychische Gesundheit und Gefährdungsbeurteilung als notwendig angesehen. Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung bedeuten aber auch, dass bei ca. der Hälfte der Betriebe Informationsbedarf besteht. Hier müssen alle Verantwortlichen im Bereich des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz noch besser die Unternehmen über die Aufgaben und die Sinnhaftigkeit des betrieblichen Gesundheitsschutzes informieren. Ca. 90% der Fachkräfte für Arbeitssicherheit ist die kollegiale Zusammenarbeit mit den Betriebsärzten wichtig bzw. sehr wichtig. Die Qualität dieser Zusammenarbeit wird von ca. 70% der Befragten als gut bzw. sehr gut eingeschätzt. Als problematisch für eine gute Zusammenarbeit zwischen Fachkräften für Arbeitssicherheit und Betriebsärzten werden von den Fachkräften für Arbeitssicherheit die relativ geringeren Einsatzzeiten der Betriebsärzte vor Ort angesehen, was den persönlichen fachlichen Austausch und die Zusammenarbeit erschweren. Bei der aktuellen Überarbeitung der DGUV Vorschrift 2 sollte daher dieser Gesichtspunkt berücksichtigt werden. Den Betriebsärzten ist neben der Zusammenarbeit mit den Fachkräften für Arbeitssicherheit insbesondere die Kooperation mit den Hausärzten sehr wichtig, diese muss jedoch noch deutlich verbessert werden. Auch den kurativ tätigen Ärzten ist die Kooperation mit den Betriebsärzten ein wichtiges Anliegen. Hier zeigt sich jedoch das Problem, dass viele kurativ tätige Ärzte sich zu wenig über das Aufgabengebiet und das Tätigkeitsspektrum der Betriebsärzte informiert fühlen. Hier wünschen sich die niedergelassenen Ärz...