Die Stimme

Geschichte einer Liebe, Lilienfeldiana 20

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783940357434
Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S.
Format (T/L/B): 1.3 x 18.7 x 11.2 cm
Einband: Halbleinen

Beschreibung

Ein typisches Einwandererschicksal, wie es immer noch Millionen Menschen kennenlernen müssen: geflohen aus einem zerstörten Zuhause, verfolgt von Erinnerungen an eigenes Leid und eigene Schuld, angekommen in einer anderen Zivilisation, in der alles Vorherige - Herkunft, Bildung, Lebensweg - nichts mehr gilt und wo ein gesichts- und sprachloser Neuanfang wieder von ganz unten beginnen muss. Aber es gibt auch die Möglichkeit, neues Glück zu finden: das Abwerfen alter Lasten, die neue Sprache und Kultur, vielleicht sogar die Liebe. Walter Bauers fein und ergreifend geschriebenes Buch "Die Stimme" von 1961 erzählt von so einem Schicksal in Kanada und von der Liebe zu einer Frau in einer neuen Welt. Es ist seine autobiographische Liebeserklärung und eine Zusammenfassung seiner Sicht auf den Zweiten Weltkrieg. Eine fast siebzig Jahre nach Ende des Krieges unbedingt wieder zu entdeckende Kostbarkeit.

Autorenportrait

Walter Bauer, 1904 in Merseburg in armen Verhältnissen geboren, machte zunächst eine Lehrerausbildung, wanderte 1925 vagabundierend durch Deutschland, Österreich, Italien und die Schweiz und arbeitete dann u.a. als Redakteur und Lehrer. Sein zweites Buch "Stimme aus dem Leunawerk" (1930), ein lyrischer Einblick in das Leben und Denken der Werksarbeiter, machte ihn schlagartig bekannt und wurde von Kurt Tucholsky, Stefan Zweig und Franz Werfel sehr gelobt. Nach 1933 unterlag er Publikationsbeschränkungen, schrieb aber weiter. 1940 Einberufung zum Kriegsdienst, 1946 Rückkehr aus der Gefangenschaft und 1952 Auswanderung nach Kanada und Neuanfang u.a. als Fabrikarbeiter, Packer und Tellerwäscher. Nach einem späten Studium wurde Walter Bauer schließlich Universitätsprofessor in Toronto, wo er 1976 starb. Sein Werk umfasst u.a. Romane, Lyrik und Biographien. Seit 1994 vergeben die Städte Merseburg und Leuna für literarisches Schaffen in seinem Geiste alle zwei Jahre gemeinsam den Walter-Bauer-Preis und seit 2006 das Walter-Bauer-Stipendium.

Leseprobe

Verstehen Sie, wovon ich spreche? Ich spreche vom Glück. Ich spreche vom Glück, das möglich ist, von der Herausforderung an den Abgrund, das Nichts, die Schwärze; und wenn wir heute "Glück" sagen, wissen wir wahrscheinlich mehr als Menschen zu anderen Zeiten; wir kennen die Schatten, die Finsternis, den Totschlag in Massen, die wohlgeordnete Liquidation, über die Buch geführt wird. Ich spreche vom Glück als einem Dennoch, das ein Mann und eine Frau zu sagen imstande sind, ohne sich an Dauer zu hängen; von der Heiterkeit ohne Dauer. Ich spreche nicht vom "Glück" der Sicherheit, des Habens und Mehrhabens, sondern vom tiefen Glück der Schiffbrüchigen; und ich fing an, zu verstehen, daß die "verlorenen Jahre", von denen so viele Angehörige meiner Generation klagend sprechen, keine verlorenen Jahre gewesen waren. Sie hatten mich wissender gemacht. Sie hatten mich fähig gemacht, den Anfang, das Morgenlicht, das Wunder des Lebens zu erkennen - Wunder und Geheimnis, von Schatten umgeben und bedroht.