Beschreibung
In Gedanken bringt die Autorin alles ans Tageslicht, was letztendlich dazu beitrug, den doch eigentlich geliebten Mann nach mehr als einem Vierteljahrhundert aus dem Haus zu treiben...
Autorenportrait
Das rheinische Mädel lebt mit Ehemann, Hunden und Pferden in der Nähe von Düsseldorf. Eigentlich wollte sie Lehrerin werden, leitet aber gemeinsam mit ihrem Mann seit 25 Jahren eine Softwarefirma und betätigt sich mit viel Freude und Idealismus als Mediatorin und Schiedsfrau. Weil sie schon seit ihren Kindertagen sehr gerne schreibt, brachte ihr Mann sie 2009 auf die Idee, doch nun endlich auch mal "etwas Richtiges" zu Papier zu bringen. Ohne ihn wäre "Auszeit" nicht entstanden. Mehr über Gaby Trippen erfahren Sie unter www.Autorenprofile.de
Leseprobe
Einen festen Händedruck hat sie auch immer noch, die alte Dame, die so alt gar nicht ist. Und erzählt lebhaft von Cindys neuesten Streichen, die mir allesamt sehr bekannt vorkommen. Das demolierte Sofa bei Reinhardts ist schwarz, unseres rot. Papier wird mit der gleichen Leidenschaft zerkleinert wie bei uns. Letzte Woche, so erzählt Frau Reinhardt, musste ein Schreiben vom Finanzamt dran glauben. "Ist aber nicht schlimm. Wenn ich es richtig zusammengesetzt habe, war es eine saftige Nachzahlung. Da sag ich denen doch lieber, der Brief sei nicht lesbar gewesen. Vielleicht glauben sie es mir und gewähren mir Aufschub?" Auch das kenne ich. Unser Bazi, Fräulein Meiers Vorgänger, hat mal seinen Hundesteuerbescheid aufgegessen. Leider haben die mit der Mahnung eine Kopie des Bescheids geschickt, und die ist ordnungsgemäß im Briefkasten gelandet. Auf ihre Frage, wo denn mein "netter Mann" sei, erzähle ich wieder die Englandreisestory. Wie gehabt. Vielleicht lasse ich ihn gar nicht mehr von der Insel zurückkommen? Das wär doch eine Idee. Er wird dort festgehalten, ist in Quarantäne, in Gefangenschaft, was weiß ich? Klingt zwar nicht sehr plausibel, lässt mich aber in einem besseren Licht erscheinen, als wenn ich die Wahrheit sagen würde. Um weiteren Fragen vorzubeugen, gehe ich in die Offensive. "Was macht denn Ihr Engagement bei ,Sport für betagte Bürger'? Sind Sie jetzt der Tanzgruppe beigetreten, so wie Sie es beim letzten Mal, als wir uns trafen, vorhatten?" Denn nicht nur durch Cindy hält sie sich fi t, sondern sie turnt auch noch ganz wacker, macht Wassergymnastik und Sauna in einer speziellen Einrichtung für Senioren, und jetzt sollte zusätzlich Tanzen, Gesellschaftstanz, dazukommen. "Ach ja, Frau Häussler, damit hab ich angefangen. Ist ja auch ganz schön, aber ich weiß nicht, ob es das Richtige für mich ist." "Wieso das denn nicht? Sie sind von der Figur und von Ihrem Rhythmusgefühl her doch die geborene Tänzerin. Um Sie müssten sich die Herren doch reißen." Volltreffer. Genau da liegt der Hase im Pfeffer. Sie reißen sich um sie, die Herren. Und ganz besonders einer. Keine Ahnung, wie ich das wieder gemacht habe, so eng befreundet sind wir nun auch wieder nicht, aber jetzt fängt sie doch tatsächlich an, mir ihr Herz auszuschütten, mir von dem Dilemma zu berichten, in dem sie zurzeit steckt. Sie hat dort einen Herrn kennen gelernt. Nicht erst beim Tanzen, auch bei den anderen Aktivitäten war er ihr schon aufgefallen. Und sie ihm. Bei der Wassergymnastik stand er immer hinter ihr, in der Sauna suchte er ihre Nähe, danach lud er sie noch auf ein Gläschen an die Bar ein, und zum Tanzen hatte er sich auch angemeldet, sobald er sah, dass sie dort mitmachen wollte. Sehr aufmerksam ist er immer, bringt ihr manchmal Blumen mit und lädt sie ins Café ein. Ein richtig schicker Mann ist es noch, mit viel Geschmack und Lebensart. "Das ist doch perfekt, Frau Doktor Reinhardt. Genießen Sie es doch, freuen Sie sich daran, Sie sind lange genug allein gewesen." Und da kommt es raus: "Das wär ja auch alles wunderschön, aber Frau Häussler, stellen Sie sich vor, der Kerl ist verheiratet! Macht mir schöne Augen und seine Frau sitzt zu Hause. Schwerkrank soll sie sein, Probleme mit den Knien haben, kann kaum laufen, die Arme. Und was macht er? Mir schöne Augen. Also ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich machen soll, können Sie das verstehen?" Ach du Schreck. Das kann ich sehr gut verstehen. Eine Dame wie sie, so geradlinig, so ohne jeden Hintergedanken, für sie muss es indiskutabel sein, eine Affäre mit einem verheirateten Mann. Egal wie die Umstände nun sind. "Was sagt er selber denn dazu? Und was haben Sie gesagt, als Sie davon erfuhren?" "Erst hab ich es gar nicht gewusst. Wie auch? Er trägt ja keinen Ehering. Und glauben Sie's oder nicht, es war richtig schön, hat mir so gut getan, dass da jemand ist, dem ich gefalle, für den ich nicht nur