Beschreibung
Durch detailgenaue Recherche von Bernardin Schellenberger kann der Leser die Entwicklung des Ortes als Rittergut verfolgen, bis die Kriegsjahre ab 1742 den Ort heimsuchen. In dieser schweren Zeit muß das Schloß renoviert werden, die Tribute der Kriege fordern viel von den Winzinger Bürgern - höhere Steuern, und die Verschuldung der Ortsherrschaft sind die Folgen. Zudem tragen schwere Wetterverhältnisse zur Vergrößerung der Not bei. Als Obervogt Senger in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts versucht, der Gemeinde neben einer neuen Gemeindeordnung auch zusätzliche Pflichten aufzudrängen, wehrt sie sich, bis er selbst um Entlassung aus dem Dienst bittet. Hierbei erfolgreich, stürzt Winzingen jedoch knapp vor dem aufkommenden 19. Jahrhundert erneut in Kriegswirren - zwischen Österreich und Frankreich - und muß die Lasten aushalten. Die katastrophale finanzielle Lage des Ortes kulminiert im Jahre 1814, als der letzte Stammhalter von Bubenhofen stirbt. Da er viele Gläubiger hinterläßt, muß Winzingen versteigert werden. Unter dem neuen Ortsherrn Graf Alois von Rechberg wird Winzingen zum Teil des Königreichs Württemberg und muß nun für die Kriege gegen Napoleon Soldaten stellen. Ebenso kommen erste Reformen zur Verbesserung der Lage der Bauern zum Tragen, welche die Armutskrise und Hungersnot ab 1815 nicht aufhalten kann: Wohltätigkeitsvereine werden gegründet, einige Winzinger Höfe gehen bankrott, das Problem der Kinderarbeit und der Kindervernachlässigung muß bewältigt werden. Auch ist man bemüht, "Textilindustrie" im Ort anzusiedeln. Das Jahr 1848 geht an Winzingen wie überall nicht spurlos vorüber. Die Bürger tragen ihre Vorstellungen hinaus, das Feudalsystem möchte aber nur schwer in größere Vorteile für die Bevölkerung umgewandelt werden, da die Abhängigkeiten von Ortsherrschaft und Kirche für diese selbst zu günstig sind. Schließlich wird dies und erneute Kriegshandlungen zum Anlaß genommen, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Amerika und andere Länder auszuwandern, bis Winzingen ab 1870 zu einer zerstückelten Ortschaft wird. Die beschriebenen historischen Ereignisse sind, spannend erzählt, eingebettet in Verwaltungsgeschichte, die viele persönliche Schicksale offenlegt und betroffen macht, wie etwa die Ausweisung einer alleinstehenden Mutter mit Kind oder die Handhabung des Deliktes "Betteln". In der Erfassung der Geschichte der Winzinger Pfarrei konnte Bernardin Schellenberger neben Daten zur Barockisierung des Kircheninneren oder zum Einbau der ersten Orgel 1773 ebenso die finanziellen Verhältnisse zwischen Pfarrer und Einwohnern zusammentragen. Der Entwicklung der moralischen Vorstellungen der Kirche wird hier genügend Raum gegeben und gezeigt, welche Eingriffe in das Gemeindeleben dies zur Folge hatte. Die vorliegende Publikation ist eine reiche Fundgrube für Ortsansässige und Forscher gleichermaßen, berücksichtigt doch der Autor alle Facetten einer Ortsentwicklung bis in die Neuzeit hinein. Im Anhang wird zusätzlich jedes einzelne Haus in Winzingen ab seiner Entstehung bis etwa 1950 samt seiner Besitzer gelistet. Als Ergänzung zum vorliegenden Titel können vom Autor zusammengestellte Familienregister im Stadtarchiv Donzdorf eingesehen werden: "Ich habe den gesamten Datenbestand der Winzinger Tauf-, Heirats- und Sterberegister (ab 1681) sowie auch des verfallenden Registers ab 1621 lückenlos zu rund 1000 modernen Familienregister-Blättern kollationiert und diese nummeriert. Darin lassen sich binnen weniger Minuten alle lokalen Stammlinien und Verbindungen im Zeitraum von 1680 bis 1935 nachschlagen und Angaben über Heiraten von und nach auswärts finden."