Beschreibung
In zahlreichen praktischen Situationen begegnen sich identische Wettbewerber auf mehreren Märkten. Im Rahmen des sogenannten Multimarktkontakts (MMC) steht insbesondere die Frage nach der Wirkung variierender Marktstrukturen auf Wettbewerbsintensität und Preisniveau der Anbieter im Zentrum des Forschungsinteresses. Theoretische Überlegungen zu Implikationen von Marktkonzentration und Marktanteilen der Anbieter auf den Einzelmärkten und ihrer Verteilung zwischen den Einzelmärkten führen dabei keineswegs zu eindeutigen Schlussfolgerungen für den MMC-Fall. So können beispielsweise Unterschiede zwischen reziproken vs. nicht-reziproken Asymmetrien der Marktteilnehmer, welche in der fachspezifischen Literatur zumeist als Kerntreiber kooperativen Verhaltens angesehen werden, in der Berechnung der Marktkonzentration nicht hinreichend berücksichtigt werden. Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, diese empirisch bislang nur unzureichend evaluierte These zu prüfen und um die Implikationen zu erweitern, die sich für Marktkonzentrationsmaße wie den Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) in der Verallgemeinerung auf MMC ergeben. Ein fast schon idealtypisches Beispiel dieser Marktstruktur liegt in der Polysilizium-Industrie mit den Teilmärkten Halbleiter und Solar-Photovoltaik vor, welche die Untersuchung motiviert und auf die sie sich bezieht. Zur Plausibilisierung und zum Test der Hypothesen wird sowohl auf ein deterministisch simuliertes Spiel als auch ein Experiment mit zwei Wettbewerbern auf zwei Märkten zurückgegriffen. Während für die Analyse der Simulationsdaten Instrumente der Spiel- und Entscheidungstheorie zum Einsatz kommen, werden die Experimentdaten mittels unterschiedlicher Verfahren der Panelregression untersucht. Hierbei kommen neben linearen Verfahren auch LOGIT- und TOBIT-Modelle zum Einsatz. Als zentrales Ergebnis der Untersuchung wird eine marktübergreifende Ergänzung zu Konzentrationsmaßen wie dem HHI vorgeschlagen, die auf der Marktanteilsverteilung jedes Wettbewerbers über die Märkte basiert und als Wettbewerberkonzentration bezeichnet wird. In zahlreichen Regressionsansätzen wird mit durchgängiger und robuster Signifikanz das Hauptresultat der Arbeit gezeigt: Je höher die Wettbewerberkonzentration im Fall von MMC, desto höher das gewählte Preisniveau bzw. desto geringer die Wahrscheinlichkeit einer Preissenkung eines Spielers. Neben diesem zentralen Ergebnis ergeben sich zudem Erkenntnisse hinsichtlich der Nutzung marktübergreifender Informationen für individuelle Preisentscheidungen oder bezüglich möglicher Ursachen für die teils konträren Ergebnisse bisheriger marktstruktureller MMC-Analysen.
Autorenportrait
Dr. Simon Clausen, Jg. 1981, studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe (TH) sowie der University of California, Davis. Nach zweijähriger Tätigkeit in der Unternehmensberatung McKinsey & Company, Inc., promovierte er bei Prof. Dr. Hagen Lindstädt am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie.