Beschreibung
Das Erkenntnisinteresse des vorliegenden Buches besteht vor allem in den Motiven der Landschaft/Natur sowie dem Thema Großstadt in der expressionistischen Lyrik. Für viele Deutsche ist die Großstadt im 20. Jahrhundert immer mehr zum Lebensraum geworden. Die Menschen waren somit gezwungen, sich mit den veränderten Lebensbedingungen und der fortschreitenden Industrialisierung auseinanderzusetzen. Der Erfahrungsbereich der Großstadt spielt in der Literatur und vor allem in der Lyrik insofern eine wichtige Rolle, da der Expressionismus ohne die unmittelbare Großstadterfahrung der Schriftsteller nicht möglich gewesen wäre. Das Phänomen der Großstadt bietet den Künstlern eine schier unerschöpfliche Vielfalt an Themen und Bildern, auf die sie in ihren Werken zurückgreifen können. Doch warum wird hier das Motiv der Landschaft/Natur nicht ausreichend literarisch gewürdigt? Wie wird die Darstellung dieser beiden Motive des Expressionismus in den Gedichten der damaligen Lyriker und Autoren verarbeitet? Zum Abschluss der Arbeit wird eine genaue Untersuchung der verschiedenen Gedichte von vier ausgewählten Lyrikern (Heym, Trakl, Lichtenstein und Wolfenstein) der damaligen Zeit vorgenommen und speziell auf die Darstellungsweisen der Landschaft/Natur und der Großstadt Bezug genommen.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel 4, Autoren und ihre Gedichte: Einzelne Analysen:Im Folgenden sollen mehrere Gedichte der Dichter Georg Heym, Georg Trakl, Alfred Lichtenstein und Alfred Wolfenstein näher beleuchtet werden. Dabei soll vor allem der Gedanke der Metaphorisierung in der Großstadtlyrik sowie der Naturlyrik des Expressionismus weitergeführt und anhand von Beispielen belegt werden. Diese Auswahl beruft sich nicht auf Vollständigkeit, da sich weitere Dichter wie z. B. Elke Lasker-Schüler, Jakob van Hoddis, Johannes R. Becher, Ernst Blass, Gottfried Benn diesen Motiven angenommen haben. Jedoch fällt auf, dass die von mir behandelten Dichter ihre Zeit sehr geprägt haben und es daher verdienen, näher betrachtet zu werden.Es geht hierbei aber eher darum zu belegen, wie unterschiedlich sich die Dichter der damaligen Zeit mit den Motiven Großstadt und Natur beschäftigt haben. Daher findet man immer wieder Motive der Großstadt in Naturgedichten und umgekehrt. Denn wie bereits gezeigt wurde, haben die Dichter des Expressionismus die Landschaft und die Natur nicht als Komplementär zur Großstadt verstanden, mitnichten wurde die Natur als Zufluchtsort vor der großen, einsamen und beengenden Großstadt angesehen, sondern eher als etwas Grausames und Dämonisches.Kapitel 4.1, Georg Heym:Georg Heym ist einer der größten Kritiker der im Expressionismus aufkommenden Urbanisierung gewesen. Dieses Denken spiegelt sich in seinen Werken wider. Seine Gedichte zeugen von einer Endzeitstimmung und Dämonisierung, die als Endstufe der Entrealisierung im Sinne Bennscher Wirklichkeitszertrümmerung aufgefasst werden können. Heym verleiht der Stadt, die in seinen Gedichten für die gesamte Wirklichkeit steht, dämonische Züge. Das Visionäre ergänzt bei Heym das Realistische. Seine Dichtung enthält somit beides: Realismus und Vision. Seine Werke sind visionäre Wirklichkeitsverformungen. Die Menschen in Heyms Gedichten stehen der großstädtischen Welt hilflos gegenüber, denn die imaginären Verbindungslinien zwischen den einzelnen Elementen der Welt sind nicht mehr bestimmbar, sodass feste religiöse, philosophische, psychologische, ethische und ästhetische Kategorien die Wirklichkeit nicht mehr bestimmen und ordnen können. Die Bewertung des Lebens als das dunkle Leben wird bei der Betrachtung der Großstadt- und Naturgedichte Heyms hilfreich sein. Die ersten Großstadtgedichte Heyms beziehen sich weitgehend auf Berlin. Heym folgt daher jener Konvention, Berlin als Prototyp der Großstadt aufzufassen, den es gilt, literarisch zu problematisieren. Seine Berlin-Gedichte, zu denen auch noch Die Vorstadt zu zählen ist, versuchen das Wirkliche der Großstadt abzubilden, wobei in diesen frühen Gedichten die Entpersönlichung in Sinnlosigkeit und Massenhaftigkeit noch nicht gegeben ist. In den Gedichten Berlin I-III findet sich das lyrische Ich noch in einer objektivierten Wir-Form, scheint in seiner Betrachtung nicht gestört zu sein und kann seine Eigenständigkeit gegenüber der Welt noch behaupten. Die Eindrücke von verschiedenartigsten Straßenszenen bestimmen die Bilder der Berlin-Gedichte.
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