Beschreibung
Wir leben in einer Gesellschaft des langen Lebens, wie es im sechsten Altenbericht der Bundesregierung heißt. Die Lebenserwartung der Deutschen ist in den letzten 110 Jahren um 30 Jahre angestiegen. Gleichzeitig sanken Geburten- und Sterberate, sodass zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit die Alten die zahlenmäßig stärkste Gruppe bilden. Diese Tatsache stellt sowohl die Gesellschaft, als auch jeden einzelnen von uns vor Herausforderungen. Was sind das für Herausforderungen und Krisen, die wir im Alter zu bewältigen haben? Und wie schaffen wir das? Statistisch gesehen werden wir älter als vergangene Generationen, aber paradoxerweise will niemand alt sein. Was bedeutet alt sein vor allem in unserer jetzigen Zeit und Gesellschaft? Und ab wann zählt man eigentlich zu den Alten? Diese und ähnliche Fragen trieben die Autorin bei der Recherche zu dieser Studie an. Einleitend wird der Versuch einer Definition der Begriffe Alter bzw. Altern vorgenommen und kurz dargelegt, warum und wie wir altern. Darüber hinaus interessieren die Autorin die Altersbilder und stereotypen Vorstellungen, die gesellschaftlich vorherrschen. Welche allgemeine Meinung haben wir von alten Menschen? Ist diese eher positiv oder negativ geprägt? Diese Arbeit beschäftigt sich weiterhin mit den gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Problemen und Herausforderungen, mit denen ältere Menschen heutzutage zu kämpfen haben. Hierbei wird sowohl auf die Chancen als auch auf die Risiken, die das Alter mit sich bringt, näher eingegangen. Im vierten Kapitel soll abschließend gezeigt werden, dass der Ruhestand nicht der Ruhestand im eigentlichen Wortsinn sein muss. Vor allem (Weiter-)Bildung und bürgerschaftliches Engagement können dem Leben nach der Erwerbsphase einen tieferen Sinn geben und leisten zudem einen gemeinnützigen Beitrag. Zum Abschluss der Studie werden die Betrachtungen zusammengefasst und ein kurzer Ausblick gegeben.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel Einkommen und Vermögen vs. Altersarmut:Im letzten Drittel des vergangenen Jahrhunderts setzte ein sozialer und kultureller Strukturwandel des Alters ein. Nun gingen (aufgrund von Frühinvalidität, Vorruhestand usw.) Menschen in den Ruhestand, die fit und konsumfreudig waren. Die Werbeindustrie hat diese neue Zielgruppe händereibend für sich entdeckt. Im Durchschnitt verfügen ältere Menschen heute über mehr Zeit und Geld als jemals zuvor und können dadurch das Leben noch einmal in vollen Zügen genießen, soweit es der Gesundheitszustand erlaubt. Sie gelten nicht mehr länger als Kostenfaktor mit den traditionellen Etiketten inaktiv und hilfsbedürftig behaftet -, sondern als kommerzielle und damit auch [...] gesellschaftliche Aktivposten (Böhnisch 2008, S. 256). Auf der einen Seite haben wir also das Bild vom lebensfrohen, wohlhabenden, reiselustigen und natürlich konsumfreudigen Rentner, der auch gerne die Kinder und Enkel großzügig finanziell unterstützt, und auf der anderen Seite gibt es die SeniorInnen, die auf staatliche Leistungen angewiesen sind, da deren Rente zu niedrig ist, um den Lebensunterhalt zu decken.Das Einkommen der Bevölkerung ab 65 Jahren wird zu rund zweidrittel aus der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) bezogen. Des Weiteren stammen gut ein Fünftel der Einkünfte aus der betrieblichen und privaten Alterssicherung und anderer Alterssicherungssysteme, sieben Prozent stammen aus Kapitalerträgen, vier Prozent aus Erwerbstätigkeit und ein Prozent aus Sozialtransfers (vgl. Engels 2010, S. 290). Noch ist die Rente aus der GRV die wichtigste Einkommensquelle nach der Phase der Erwerbsarbeit, doch zukünftig werden die betrieblichen, privaten und sonstigen Alterssicherungssysteme an Bedeutung gewinnen. Der Bismarcksche Generationenvertrag ist ins Wanken geraten. Wir alle wissen es: Immer weniger ArbeitnehmerInnen müssen für immer mehr RentnerInnen die Rente erwirtschaften. Neue Lösungen für dieses Ungleichgewicht sind gefragt, denn Altersarmut kommt den Staat teuer zu stehen.Altersarmut gab es auch schon im Mittelalter, zum Massenphänomen jedoch wurde sie erst im 19. Jahrhundert als die Industrialisierung und Urbanisierung einsetzte. Heute stellt sich die materielle Lage der älteren Generation sehr inhomogen dar. Die Lebenslage im Alter resultiert zum größten Teil aus den bisherigen Lebenslaufentwicklungen. Individuelle Entscheidungen (hinsichtlich Ausbildung, Berufswahl usw.) spielen ebenso eine Rolle wie kollektive Gegebenheiten (ökonomische und Arbeitsmarktbedingungen, gesetzliche Regelungen etc.) während der Erwerbsphase. Die zu ihrer Erwerbszeit herrschenden Bedingungen waren für bestimmte Entscheidungen und Verhaltensweisen ausschlaggebend, z.B. der Verzicht auf eine Ausbildung, wenn durch eine ungelernte Tätigkeit schnell ein höheres Einkommen zu erzielen war, oder eine vorzeitige Beendigung des Erwerbslebens wegen großzügiger Sozialpläne (Backes/Clemens 2003, S. 192).Seit diesem Jahr wird das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2029 schrittweise auf 67 Jahre erhöht. Somit müssen Menschen ab dem Geburtsjahrgang 1964 bis 67 Jahre arbeiten, um die volle Rente ohne Abzüge zu erhalten. Allerdings ist die Realität momentan noch eine ganz andere: Der Trend geht auch weiterhin zur Frührente. Fast jede/r zweite Rentner/in verabschiedete sich 2010 frühzeitig vom Arbeitsmarkt und akzeptiert geringere Bezüge (vgl. www.spiegel.de, 2011). So reduziert sich die Lebensarbeitszeit auf ca. 30 Jahre in einer Zeit vom 24. bis 54. Lebensjahr. Statistisch gesehen bleiben uns nun noch ganze 30 Jahre, also ein Drittel unseres Lebens, das wir in der nicht genau definierten Lebensspanne Ruhestand verbringen. Dieses Verhältnis ist unausgewogen. Man bedenke nur, dass der ehrwürdige 95-Jährige vom soeben mit 65 in den Ruhestand gegangenen chronologisch genauso weit entfernt [ist, Anm. d. Verf.] wie das fünfjährige Vorschulkind vom auf Karriere bedachten Mittdreißiger (Goldmann/Mahler 2001, S. 174). Die Rente mit 67 erscheint mir in diesem Zusammenhang nur als ein weiteres Rentenkürzungsprogramm.Laut Alterssurvey (DEAS) bewerteten 2008 immerhin 60 Prozent der Menschen ab dem mittleren Alter ihren Lebensstandard als gut bis sehr gut und gaben an, dass ihr Einkommen überwiegend oder völlig zur Deckung ihrer Bedürfnisse reiche. Einkommensunterschiede lassen sich vor allem zwischen den Altersgruppen, zwischen Männern und Frauen, zwischen Ost- und Westdeutschland und zwischen den Bildungsgruppen beobachten. In der zweiten Lebenshälfte haben die 55- bis 69-Jährigen das höchste Einkommen. Sie haben monatlich bemerkenswerte 300 Euro mehr auf dem Konto als die 70- bis 85-Jährigen. Männer haben durchschnittlich 200 Euro im Monat mehr zur Verfügung als Frauen, die, sofern sie alleinstehend sind, überdurchschnittlich häufig in prekären Einkommensverhältnissen leben. Und das Einkommen der Westdeutschen ist gar um 500 Euro reicher als das der Ostdeutschen. Die größten Unterschiede finden sich allerdings zwischen den Bildungsgruppen: 2008 verfügten AbiturientInnen und HochschulabsolventInnen über fast doppelt so viel Geld wie niedrig qualifizierte Menschen (vgl. BMFSFJ 2010a, S. 14). Das zeigt deutlich, dass Reichtum im Alter mit einem hohen und Armut entsprechend mit einem niedrigen Bildungsstand einhergehen. Auch das Armutsrisiko hochaltriger Frauen muss hervorgehoben werden. Während das Armutsrisiko bei Männern und Frauen zwischen 60 und 79 Jahren mit 9,9 zu 10,4 Prozent annähernd gleich ist, steigt dieser Wert bei den hochbetagten Frauen auf 14,4 Prozent an, während der Wert gleichaltriger Männer auf 5,5 Prozent sinkt. Darüber hinaus sind 83 Prozent der von Altersarmut betroffenen Frauen alleinstehend (vgl. Engels 2010, S. 294). Aufgrund zu weniger Jahre rentenversicherter Erwerbsarbeit zwischen Schulabschluss und Heirat bzw. Geburt des ersten Kindes, verfügen viele hochbetagte Frauen, vor allem im Westen Deutschlands, über ein so niedriges Einkommen, dass sie ihren Lebensunterhalt allein nicht decken können (vgl. Lenz/Rudolph/Sickendiek 1999, S. 56). Lenz et al (1999, S. 59) weisen jedoch darauf hin, dass das Alter und die Beendigung der Erwerbstätigkeit in Deutschland keine materiellen Risiken darstelle. Die Gefahr der Armut resultiere in allererster Linie aus lebenslanger sozialer Ungleichheit und aus individuellen Lebensereignissen wie z.B. späte Scheidung aus einer Hausfrauenehe (ebd.). Die breite Masse alter Menschen in Deutschland lebe jedoch verglichen mit heutigen Jugendlichen oder ihrer eigenen Eltern- und Großelterngeneration ausreichend bis gut finanziell gesichert, mit mittleren Einkommen und bescheidenem Geld- oder Wohneigentumsbesitz (vgl. ebd.).
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