Beschreibung
Wie und in welchem Umfang nutzen geistig behinderte Menschen Medien wie Handy, Fernseher, Laptop und Co.? Wie weit reichen ihre Kompetenzen bezüglich der Bedienung? Diese Fragen untersucht die vorliegende Studie zur Mediennutzung von geistig behinderten Menschen. Diese gelten noch immer als Randgruppe der Gesellschaft und ihre Lebensbedingungen sind bisher wenig erforscht. Mit Hilfe eines zehnseitigen Fragebogens wurden 109 geistig behinderte Menschen ab elf Jahren beziehungsweise deren Betreuer, Angehörige, etc. zu ihrem allgemeinen Mediennutzungsverhalten befragt. Anschließend wurden die einzelnen Ergebnisse der Studie unter verschiedenen Gesichtspunkten analysiert, wie beispielsweise geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich der Nutzung. Darüber hinaus wurden im Anschluss an jedes Kapitel die erhobenen Daten mit jenen der KIM- (Kinder und Medien, Computer und Internet) und der JIM-Studie (Jugend, Information, (Multi-)Media) verglichen. Diese Studie bietet einen fundierten Einblick in den Medienalltag von geistig behinderten Menschen mit interessanten Erkenntnissen. So besitzt bereits über die Hälfte der Befragten ein eigenes Handy und das Internet belegt bei 17 vorgegebenen Themeninteressen nur den letzten Platz.
Autorenportrait
Anna Erika Harenz wurde 1986 in Berlin geboren. Dank ihrer Eltern, die sie getreu dem Motto'Alle sind gleich' großzogen, besuchte die Autorin ausnahmslos Integrationsschulen. Während ihres Abiturs betreute sie Freizeitgruppen geistig behinderter Menschen. Eine Tätigkeit, der sie mit viel Leidenschaft nachging. Im Jahr 2011 absolvierte die Autorin ihr Studium der Medien und Kommunikation an der Universität Passau, mit dem akademischen Grad Bachelor of Arts. Ihr Interesse an geistig behinderten Menschen hielt auch während dieser Zeit an, so dass sie sich in ihrer Bachelorarbeit einem bisher kaum erforschten Thema widmet.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel 7., Vorbilder und Idole:Auch im Leben geistig behinderter Menschen spielen Vorbilder und Idole eine entscheidende Rolle. Vorgegeben wurden fünf unterschiedliche Kategorien, die jeweils mit"Ja" oder"Nein" zu beantworten waren. Wurde die Frage mit"Ja" beantwortet, war in einem weiteren Schritt die Person oder Figur die als Idol fungiert zu nennen.Vor allem im Bereich"Musik" haben über 40 Prozent der Befragten Vorbilder beziehungsweise Idole angegeben. In Film und Fernsehen nehmen sich circa vier von zehn der Befragten eine Person zum Vorbild. Knapp jeder Vierte gab eine Person aus dem jeweiligen privaten Umfeld als persönliches Vorbild an. Jeder Fünfte findet sein Idol im Bereich Sport und circa 14 Prozent nannten ein Vorbild aus der Literatur.Während die Interessen bezüglich der Vorbilder und Idole in der Musik zwischen Frauen und Männern weitestgehend identisch sind, zeigen sich vor allem in Sport und Literatur Unterschiede. Fast jeder dritte männliche Befragte aber lediglich jede 20. Frau, gibt als Vorbild einen Sportler oder eine Sportlerin an. Im Bereich der Literatur verweist jede fünfte weibliche Befragte auf ein Vorbild, wo hingegen nur jeder zehnte männliche Befragte Idole oder Vorbilder aus diesem Genre nennt.Vor allem im Bereich Sport fällt die Vorbildfunktion auf Stars aus der deutschen Fußballnationalmannschaft (Einzelnennung hier vor allem Sebastian Schweinsteiger). In diesem Zusammenhang wurden in großen Umfang auch nationale Fußballvereine, wie zum Beispiel Hertha BSC Berlin und der 1. FC Bayern München genannt. Auch der deutsche Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel wurde vermehrt genannt. Als Idole aus Film und Fernsehen wurde vor allem auf die Kriminalkommissare aus Tatort, Kommissare im Einsatz und Alarm für Cobra 11 verwiesen. Weitere Nennungen erfuhren Hannah Montana, Dieter Bohlen und verschiedene Darsteller aus Sturm der Liebe. In der Musik stellen sowohl die Sänger Michael Jackson, Peter Maffay, Hansi Hinterseer, als auch Andy Borg sowie die Band ABBA Vorbilder für die Befragten dar. Die Top drei der Idole im Umfeld umfassen in absteigender Reihenfolge die Betreuer, gefolgt von den Eltern und dem eigenen Partner. Die häufigste Nennung im Bereich Literatur entfiel auf Micky Maus.Vorab festzuhalten ist, dass sich deutlich mehr geistig behinderte Männer bezüglich Vorbildern und Idolen äußern als geistig behinderte Frauen. Die einzige Ausnahme besteht im Themenbereich Literatur, wo sich das Verhältnis umkehrt. Bei Kindern hingegen ist dies nicht der Fall. Hier orientieren sich verstärkt die Mädchen an Vorbildern und Idolen, wobei diese Aussage ebenfalls einer Einschränkung unterliegt. Im Sport weisen eindeutig die Jungs größeres Interesse auf. Vereinzelte Parallelen spiegeln sich in den Einzelnennungen wider. Wie auch bei den Jungs fielen ebenfalls bei den geistig behinderten Männern Einzelnennungen vor allem auf die Fußballnationalspieler. Weiterhin liegt Hannah Montana bei beiden weiblichen Gruppen als Einzelnennung vor. Auf Grund der starken Präferenz geistig behinderter Menschen für Schlager, weichen die Ergebnisse bezüglich dem Themenbereich Musik stark ab.8., Fernsehen:Der Fernseher stellt generell für eine Vielzahl von Menschen das wichtigste Medium dar. So auch im Leben der meisten geistig behinderten Menschen. Knapp 87 Prozent besitzen einen eigenen Fernseher (die gleiche Anzahl besitzt auch einen CD-Player und ein Radio). Auf Platz zwei der häufigsten Freizeitaktivitäten kommt direkt nach dem"Ausruhen", die Nutzung des Fernsehers. Sieben von zehn Betroffenen schauen fast jeden, bis jeden Tag Fernsehen und insgesamt neun von zehn schauen mindestens einmal wöchentlich. Allerdings kommt es bei lediglich jedem Vierten zu einer Absprache mit dem Betreuer, bezüglich der Nutzung des Fernsehers. Dies umfasst nicht nur die Dauer der Nutzung, sondern auch den Inhalt des rezipierten Programms. Der Fernseher stellt auch das Medium dar, welches bezüglich der Medienkompetenzen von den meisten eigenständig bedient werden kann und jeder Zweite benennt es als das Medium, worauf er oder sie am wenigsten verzichten könnte. Somit ist es auch das am meist genutzte Medium, dessen sich jeder Fünfte mehr als zwei Stunden täglich bedient.Insgesamt geben 44 Prozent der Befragten, 50 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen, einen Lieblingssender an. Die geschlechtsspezifischen Präferenzen im Bezug auf die Senderwahl sind marginal. Beide, sowohl Männer als auch Frauen, geben an bevorzugt die Öffentlich Rechtlichen ARD und ZDF zu schauen. Lediglich in der Nennung der Privatsender unterscheiden sie sich. Hier liegt bei den Männern der Sender SAT1 an erster Stelle, während Frauen eher zu RTL neigen.Lieblingsserien wurden von durchschnittlich 53 Prozent der Befragten angegeben. Auch hier nannten wieder vermehrt Männer eine Lieblingsserie, wie beispielsweise die Kriminalserien Tatort und Kommissare im Einsatz. Die Frauen hingegen nannten an erster Stelle DSDS, gefolgt von Tatort. Von beiden Geschlechtern mehrmals genannt wurde zudem die Sendung Musikantenstadl.Wie bereits in Kapitel"Freizeitaktivitäten und Medienbeschäftigung" festzustellen war, nutzen alle drei Gruppe in ihrer Freizeit bevorzugt den Fernseher. Stellt man nun Vergleiche über die beliebtesten Fernsehsender und -serien auf, lassen sich starke Unterschiede feststellen. So lassen sich bereits aufgrund der Tatsache, dass sowohl männliche als auch weibliche geistig behinderte Menschen bevorzugt Kriminalserien und Castingshows im Fernsehen verfolgen, keine Parallelen bezüglich der Fernsehnutzung von Kindern als auch Jugendlichen erkennen. Bevorzugt schalten Jugendliche Comedyshows, Zeichentrickfilme, Daily Soaps oder Arztserien ein. Von daher weichen auch die Lieblingsfernsehsender der Jugendlichen von denen der geistig Behinderten, bis auf den Sender RTL, prinzipiell ab. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt es im Vergleich zu der Fernsehnutzung bei Kindern. Auch hier unterscheiden sich sowohl die Beliebtheit der Sender, als auch die der Serien. Kinder schauen zwar hin und wieder gerne RTL, bevorzugt aber rezipieren Kinder Serien auf Kinderkanälen. Trotz prinzipiell eindeutiger Beliebtheit des Mediums Fernsehen bei allen drei Gruppen, sind in der konkreten Nutzung bezüglich der Fernsehsender und -serien keine Übereinstimmungen zu beobachten.
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