Beschreibung
Auf wie vielen Ohren sind wir eigentlich taub, wenn wir uns dem Sog des Alltags hingeben? Tove Janssons Figuren sind jedenfalls gesegnet mit gespitzten Ohren und messerscharfer Beobachtungsgabe. Die finnischschwedische Autorin erfrischt bereits in diesen frühen literarischen Meisterwerken mit ihrem unverwechselbaren Blick und klaren Stil.
Autorenportrait
Tove Jansson (1914-2001) wuchs in Helsinki als ältestes Kind des Bildhauers Viktor Jansson und der schwedischen Illustratorin Signe Hammarsten Jansson auf. Mit 16 Jahren begann sie ihre Ausbildung als bildende Künstlerin in Stockholm, Helsinki und Paris. Die 'Mumin'Bücher machten sie international berühmt, sie erhielt dafür u.a. die NilsHolgersson, die ElsaBeskowPlakette und den H.C.AndersenPreis. In den letzten beiden Jahrzehnten ihres Lebens schrieb sie Romane und Novellen für Erwachsene.
Leseprobe
Von Angesicht zu Angesicht zuhören zu können, das ist eine große, seltene Kunst. Tante Gerda war immer eine gute Zuhörerin gewesen. Seit ihrer Jugend hatte sie ihnen zugehört, hatte ihnen ihr Ohr geliehen, während sie über sich selbst und die anderen redeten, sie hatte sie in einer immensen, ausgeklügelten Übersicht aus Lebensläufen in sich getragen, lauter Lebenslinien, die sich überschnitten und nebeneinander herliefen. Sie lauschte mit dem ganzen großen, flachen Gesich, regungslos, leicht vorgeneigt und mit gesenktem Blick. Sie rührte ihren Kaffee nicht an und ließ die igarette herunterbrennen. Nur in den kurzen Pausen, die selbst ein größeres Drama für triviale, aber notwendige Erklärungen zulässt, gestattete sie sich einen heftigen Zug an der Zigarette, kippte den Kaffee in sich hinein und stellte die asse behutsam und ohne zu klirren ab. Tante Gerda war, eigentlich, nichts als Stille.'