Lisa weiß nicht, wer ihre Mutter ist, aber die muss sie hassen, sonst hätte sie sie bestimmt niemals allein gelassen. Seit sich Lisa erinnern kann, wird sie zwischen verschiedenen Pflegestellen hin und her geschoben, ihre Eltern hat sie nie kennengelernt. Mit fünf Jahren kommt sie zu einer neuen Pflegemutter, die sie und die anderen Kinder unbarmherzig quält. Sie prügelt, ertränkt ihre Opfer fast in kaltem Wasser oder sperrt sie tagelang in eine finstere Kammer.
Es ist eine harte Kindheit voller Arbeit und Entbehrungen - und das in den 1970er-Jahren in der Schweiz. Dahinter steht ein politischer Skandal. Bis 1981 ordneten die Schweizer Behörden "fürsorgerische Zwangsmaßnahmen" an: Arme und uneheliche Kinder oder Waisen wurden in Heimen und Pflegefamilien untergebracht und mussten dort als "Verdingkinder" arbeiten. Lisa Brönnimanns Schicksal steht stellvertretend für Tausende Betroffene.
Lisa Brönnimann, Jahrgang 1965, wurde ihrer Mutter nach der Geburt weggenommen, weil diese nicht verheiratet war. Als Verdingkind wuchs sie bei einer Pflegefamilie auf, in der sie massiv psychisch und physisch misshandelt wurde. Weil sie mit siebzehn versuchte von dort wegzulaufen, wurde sie zur"Nacherziehung" erst mit zwanzig Jahren für volljährig erklärt. Der Tag, an dem sie ihre Freiheit erlangte, wird für immer der schönste ihres Lebens sein.