Beschreibung
Der erste Band der kritschen Stuttgarter Benn-Ausgabe enthält die 'Gesammelten Gedichte' von 1956, deren Folge Benn selbst im letzten Jahr seines Lebens durch Neugruppierung der Sammlungen und Zyklen seines lyrischen Oeuvres festgelegt hat. Der Apparat bietet alle erhaltenen Vorstufen und Varianten der gedruckten und ungedruckten, vielfach erstmals entzifferten Überlieferung.
Autorenportrait
Gottfried Benn, 1886 2. Mai in Mansfeld geboren. 1905-1910 Medizinstudium in der Kaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen in Berlin. Approbation. 1912 Veröffentlichung des ersten Gedichtheftes als Lyrisches Flugblatt: Morgue und andere Gedichte. 1913 Übernimmt die Leitung des Pathologischen Instituts am Städtischen Krankenhaus in der Sophie-Charlottenstraße. 1914 Zieht als Militärarzt ins Feld. Nimmt an den Kämpfen in Belgien teil. 1915-1917 Oberarzt im Militärgouvernement Brüssel. Entlassung aus der Armee. 1917 Die gesammelten Gedichte erscheinen im Verlag der Aktion unter dem Titel: »Fleisch«. Gottfried Benn läßt sich als Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten in Berlin nieder und führt hier seine Praxis bis 1935. 1922 Die Gesammelten Schriften erscheinen im Erich Reiss Verlag in Berlin. 1932 Benn wird Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Abteilung Dichtung. 1933-1934 Vorübergehend im Bannkreis der nationalsozialistischen Ideologie. 1935 Benn verläßt Berlin und läßt sich als Oberstabsarzt in Hannover reaktivieren. Es erscheinen die Ausgewählten Gedichte, Benns letzte Publikation in der Nazizeit. Schwere Angriffe gegen Benn in »Das Schwarze Korps« und im »Völkischen Beobachter«. 1937-1945 Benn wird nach Berlin versetzt. Tätigkeit im Militärischen Versorgungswesen als Gutachter in Fürsorge- und Rentenfragen. Ausschluß aus der Reichsschrifttumskammer und Schreibverbot. 1943 als Oberarzt nach Landsberg a.d. Warthe. 1945 Rückkehr nach Berlin. 1946-1948 Praxiseröffnung. Veröffentlichungsschwierigkeiten. 1951 Verleihung des Büchner-Preises in Darmstadt durch die Akademie für Sprache und Dichtung. 1953 Benn gibt die ärztliche Praxis auf. 1956 7. Juli. Tod Gottfried Benns in Berlin.
Leseprobe
'Das sind doch Menschen, denkt man.' Das sind doch Menschen, denkt man, wenn der Kellner an einen Tisch tritt, einen unsichtbaren, Stammtisch oder dergleichen in der Ecke, das sind doch Zartfühlende, Genüßlinge sicher auch mit Empfindungen und Leid. So allein bist du nicht in deinem Wirrwarr, Unruhe, Zittern, auch da wird Zweifel sein, Zaudern, Unsicherheit, wenn auch in Geschäftsabschlüssen, das Allgemein-Menschliche, zwar in Wirtschaftsformen, auch dort! Unendlich ist der Gram der Herzen und allgemein, aber ob sie je geliebt haben (außerhalb des Bettes) brennend, verzehrt, wüstendurstig nach einem Gaumenpfirsichsaft aus fernem Mund, untergehend, ertrinkend in Unvereinbarkeit der Seelen - das weiß man nicht, kann auch den Kellner nicht fragen, der an der Registrierkasse das neue Helle eindrückt, des Bons begierig, um einen Durst zu löschen anderer Art, doch auch von tiefer.