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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442736751
Sprache: Deutsch
Umfang: 320 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 19 x 12 cm
Auflage: 1. Auflage 2008
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Alexander von Brücken, einer der reichsten Männer der Republik, hat nicht mehr lange zu leben. Er bestellt sich einen Schriftsteller in sein schlossähnliches Anwesen, der aus seinem Leben einen Roman machen soll. Dieses Leben ist von einer einzigen, bedingungslosen Obsession geprägt: der Liebe zu Sofie. Als Sofie von Brücken abweist, verwendet der sein ganzes Geld und seine ganze Macht, um Sofies Leben zu beobachten, zu begleiten - und zu manipulieren.

Leseprobe

Vorabend Ohne viel von ihm zu wissen, außer dem wenigen, was es hier und da zu lesen gab, und ohne ihn je gesehen zu haben, außer auf schon angegilbten Fotografien, war er mir widerlich. Dennoch reiste ich an, als er mich rief. Wer meiner Kollegen wäre seinem Ruf nicht gefolgt? Alle, ausnahmslos alle hätten sie ihre Neugier gestillt. Auf der Zugfahrt, die mich zu ihm brachte, war ich ein Mann in zerrütteten Verhältnissen, der einen Mann von sagenhaftem Reichtum besuchen würde, zu einem mir unbekannten Zweck. Unterlassen Sie die kleinlichen Fragen. Kommen Sie, schrieb er, Sie werden es nicht bereuen, versprochen. In dieser Formulierung lag Arroganz und Magie. Mir graute vor der Faszination, die sein scheinbar großmäuliges Versprechen auf mich ausübte. Ich schwor, mich nicht kaufen zu lassen, zu keinem Preis - und wußte im selben Moment, daß, wer solche Schwüre leistet, die drohende Gefahr nicht nur spürt, sondern ihr entgegeneilt. Mit der Verlockung ein wenig zu spielen, ja, das nimmt man sich vor. Ein Angebot, gleich welcher Art, zu erhoffen, zu prüfen, schon um Geltungsdrang und Eitelkeit zu füttern, auch dies erlaubt man sich im voraus. Sich aber vorzunehmen, dann, danach, standhaft zu bleiben, grenzt bereits an Selbstbetrug. Diese Sätze schrieb ich in mein Notizbuch, während grauer, aufgewirbelter Schnee die Fenster des Abteils erblinden ließ. Das letzte Foto, das Alexander von Brücken zeigte, war vor mehr als zwanzig Jahren entstanden. Seither schien es niemandem gelungen zu sein, ihn vor das Objektiv einer Kamera zu bekommen. Es hieß, er lebe zurückgezogen auf seinem Schloß im südlichen Oberbayern, umgeben von wenigen Bediensteten. Das stürmische Winterwetter steigerte meine Furcht vor ihm und vor mir selbst. Auf dem winzigen Provinzbahnhof angekommen, suchte ich vergeblich nach einem Kiosk, um irgendetwas zu kaufen, vielleicht einen Schnaps. Außer mir entstiegen nur drei angetrunkene ältere Damen dem Zug, in Faschingsverkleidungen, johlend und kichernd. Neidisch sah ich ihnen hinterher. Auf dem Bahnhofsvorplatz wartete ein großer schwarzer Daimler, mit einem Chauffeur, der zu seinem grauen Sacco eine schwarze Trainingshose trug und Turnschuhe. Er machte keinerlei Anstalten, mich zu sich zu winken, saß einfach im Wagen, die Tür halb offen, und hörte Schlagermusik im Radio. Es war Sonntag, halb sechs Uhr abends und schon fast dunkel. Ich mußte lachen. Lachte, beinahe verzweifelt, das zugeschneite Dorf an, dessen Silhouette Mühe hatte, sich aus dem wirbelnden Grau des Sturms herauszuschälen. Ob er, fragte ich den Fahrer, ohne meinen Namen zu nennen, auf mich warte? Er, ein korpulenter, dümmlich wirkender Mensch, nickte und bat mich einzusteigen. Die Lichter aus den Fenstern der umliegenden Häuser schienen mich zu betrachten. Der Wagen legte kaum zweihundert Meter in der Minute zurück, kämpfte sich vorwärts durch die Schneemassen, bog von der Landstraße ab in eine von wenigen Laternen beleuchtete Allee. Ich sah über die rechte Schulter des Fahrers nach vorne, in Erwartung des Schlosses. Und bekam etwas zu sehen, für das die Bezeichnung Schloß prahlerisch war, ein Schlößchen vielleicht, ein zugegeben eindrucksvolles Herrenhaus neogotischen Stils, von einer zwei Meter hohen steinernen Mauer umgeben. Pforten schwenkten auf, die Räder drehten kurz durch, ein Garagentor hob sich. Die Garage war kaum größer als die einer Doppelhaushälfte, dem Gebäude unangemessen. Der Fahrer parkte, stieg langsam aus und öffnete mir die Tür. Neben ihm stand plötzlich, wie aus dem Nichts, ein älterer schlanker Mann im grauen Zweireiher, mit scharfen, adlerhaften Zügen und hellen, graublauen Augen. Er stellte sich, ohne mir die Hand zu reichen, als Keferloher vor, Lukian Keferloher, von Brückens Privatsekretär. Kein sehr herzlicher Empfang, sachlich, höchstens. Er entschuldigte sich für das Wetter, erstaunlich, und bat mich, ihm zu folgen, öffnete eine Metalltür und stieg eine steinerne Wendeltreppe voran, zwei, vielleicht drei Stock Leseprobe