Beschreibung
Clemens Tangerding untersucht in seiner Monographie fünf verschiedene soziale Gruppen in der Stadt Würzburg. Er geht der Frage nach, wie sich die Umbrüche der Napoleonischen Zeit auf die Lebenswelten von Professoren, Handwerkern, Staatsdienern, Reiseschriftstellern und Künstlern auswirkten. Für keine der Gruppen wirkten sich die Ereignisse in gleichem Maße aus. Vielmehr herrschte ein 'Zäsurenpluralismus'. Diesem stand die 'Herrschaftsbindung' gegenüber. Die Würzburger wandten sich an die ständig wechselnden Regierungen, um alte Rechte zu sichern oder neue zu erwerben. Sie drängten zum Staat, manche bedrängten ihn gar. Die Studie stützt sich auf Selbstzeugnisse, die größenteils zum ersten Mal veröffentlicht werden, und lässt so die Akteure selbst zu Wort kommen.
Autorenportrait
Clemens Maria Tangerding wurde mit dieser Studie an der Universität Dresden und an der Ecole Pratique des Hautes Etudes Paris promoviert und arbeitet als Historiker und Journalist in Berlin.
Inhalt
1. Einleitung 1.1. Fragestellung und Lebenswelt-Konzept 1.2. Der 'Himmel der Christen'. Die Stadt Würzburg am Ende des Alten Reiches 1.3. Forschungskontexte 2. Empfehlen und Verhindern: Die Professoren der Universität Würzburg zwischen 1795 und 1815 2.1. Einleitung 2.2. Briefe als Alltags-Medien der Gelehrten 2.2.1. Merkmale des Briefsamples 2.2.2. Bitten und Berichten: Formale Kriterien und Erzählstrategien 2.2.3. Briefe als Medien von Relevanzen 2.2.4. Freundschaft als Gattungsmerkmal 2.2.5. Andere Quellen 2.3. Berufen und Entlassen als politische Maßnahme 2.3.1. Berufungspolitik als Reformpolitik im 18. Jahrhundert 2.3.2. Die kurbayerische Regierung und der Einsatz von Vermittlern 2.3.3. Die große Entlassungswelle nach 1806 2.3.4. Erneutes Abwarten nach 1814 2.3.5. Personelle Kontinuität als Friedensgarant? Die medizinische Fakultät zum Vergleich 2.4.1. Exkurs: Hohe Mietpreise als Zusatzbelastung 2.4.2. Die Zensur als Widerstand im Arbeitsprozess 2.5. Der Hörsaal als Konfliktraum 2.5.1. Der Kampf um die Studenten 2.5.2. Der Streit um die Priesterseminaristen 2.6. Publizieren als Waffe 2.6.1. Die Publikation als Medium von Konflikten 2.6.2. Das Buch als Geistesprodukt: Probleme bei der Verlagssuche 2.7. Professoren, Studenten und der Krieg 2.8. Zusammenfassung 3. Sich und dem Staat dienen: Johann Wilhelm von Hompesch und Maximilian von Lerchenfeld 3.1. Einleitung 3.2. Das Quellensample 3.3. Verdrängter und zurückgekehrter Adel: Das Milieu der hohen Staatsbeamten zwischen 1795 und 1815 3.4. Stillstand und Resignation: Die Inventur der Staatsverwaltung 3.5. 'Gesprengte Ketten': Hompesch und die Säkularisation 3.6. Misstrauen gegenüber dem Volk 3.7. Zusammenfassung 4. Vom Hof zum Staat: Lebenswelten der Künstler 4.1. Einleitung 4.2. Der Staat als Förderer und Auftraggeber 4.3. Nationalismus als Referenz: Joseph Küffner und Friedrich Rückert 4.4. Zusammenfassung 5. Schaden und Entschädigung - Das kleine und mittlere Bürgertum 5.1. Einleitung 5.2. Suppliken als Medien von Bitte und Kritik 5.2.1. Merkmale des Supplikensamples 5.2.2. Rechtliche Vorgaben: Die Supplikenverordnung von 1795 5.2.3. Norm und Wirklichkeit: Der Aufbau einer Supplik 5.2.4. Präsenz und Schrift: Die Praxis des Supplizierens 5.2.5. Exkurs: Die Bedeutung des 'Anderen' im Entschädigungsverfahren 5.2.6. Suppliken als Medien von Relevanzen 5.2.7. Andere Quellen 5.3. Der Wehrdienst als Zäsur 5.3.1. Das Landfolgerecht in der Stadt Würzburg bis zu seiner Auflösung 5.3.2. Das Ende des Privilegs 5.3.3. Das Engagement des Rates gegen die Abschaffung des Landfolgerechts 5.3.4. Eine Flut von Befreiungsgesuchen 5.3.5. Die Gesellenwanderung als Flucht vor dem Militärdienst 5.3.6. Die Anstellung beim Staat als Flucht vor dem Militärdienst 5.4. Schaden und Entschädigung: Die Würzburger Lehenkutscher in den Napoleonischen Kriegen 5.4.1. Besetzungen als Blütezeiten des Transportgewerbes 5.4.2. Der Kampf der Lehenkutscher um ihre Nahrung 5.4.3. Vom Befehl zum Auftrag: Die Bezahlung der Fuhren 5.4.4. Die Verlässlichkeit des Entschädigungssystems 5.4.5. Im Windschatten des Krieges: Entschädigungen in anderen Berufszweigen 5.5. Zusammenfassung 6. Idyllische Beobachtungen: Reisende in Würzburg 6.1. Einleitung 6.1.1. Merkmale des Briefsamples 6.1.2. Andere Quellen 6.1.3. Der Erzähler als Diener: Merkmale des Reisebriefs 6.1.4. Reisebriefe als Medien von Relevanzen 6.2. Die ewig gültige Stadt Würzburg 6.2.1. Begegnungen im leeren Raum 6.2.2. Selbsterfindung am Würzburger Talkessel 6.2.3. Den Kanon selbst entdecken 6.2.4. Der Fürst als Heilsbringer 6.2.5. Das Volk als Masse 6.2.6. Soldaten als Randerscheinungen 6.2.7. Empfindsame Beschreibungen und ihre Orte 6.2.8. Schönheit statt Neuigkeit: Rezensionen der Reisebriefe ... Inhaltsverzeichnis